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Hans-Hermann Schmidt

Harry Ott

Spitzenbotschafter und Kappler dazu

Sein Vater war Plüschweber. Dieser Heinrich Ott wohnte mit seiner Familie an der Gabelsbergerstr. 64, nahe der "Zwickauer Straße". Nach Fronteinsatz und Kriegsgefangenschaft traf man den "Heimkehrer" als Chemiearbeiter im nahen VEB Fettchemie- und Fewa-Werk. Sohn Harry, Jahrgang 1933, paukte auf dem Gymnasium Hohe Straße und studierte nach dem Abitur 1952 zuerst in Leipzig, dann bald schon Wirtschaftswissenschaften in Moskau am "Institut für Internationale Beziehungen". Chemnitz galt immer als "Kaderschmiede", Kappel mit den alten Kämpfern von Otto Jähnichen bis Max Opitz ganz speziell. Harry Ott erlangte den Grad eines Diplom-Staatswissenschaftlers und trat in den Diplomatischen Dienst der DDR ein.
Wie kein anderer Chemnitzer gelangte der Diplomat nach ersten Innendienstjahren und einer Botschafterzeit in Mos-kau schließlich auf höchstes Parkett: Harry Ott bezog am Sitz der Vereinten Nationen in New York Quartier als "Ständiger Vertreter der DDR bei der UNO". Da war er Nachfolger im Amt des Kölners Peter Florin, der gar als Präsident der 42. UNO-Tagung fungieren durfte und auch die "Dritte Tagung für Abrüstung der UNO" souverän präsidierte. Das alles war im Verlauf der Anerkennungswelle zustande gekommen - beide deutschen Staaten hatten nach langem Ringen erreicht, zur UNO-Gerechtigkeit aufzusteigen. Die DDR-Vertretung lag wohl etwas abseits als dennoch repräsentatives, relativ kleines Areal. Im UNO-Hauptquartier aber hatte man seit 1973 auf gleicher Augenhöhe mit den "Brüdern und Schwestern vom Rhein" Zutritt und alle Chancen zur Koexistenz. Nicht wenige Deutsche in Ost und West setzten alle Hoffnung auf die Botschaften im Plastik-Park des UNO-Gartens mit der "Schwerter zu Pflugscharen"-Skulptur, der Figur des Hl. Georg wie auch dem verknoteten Pistolenlauf. Denkwürdigkeiten ersten Ranges.
Die Amtszeit Harry Otts, auch die Arbeit in New York, endete erst mit dem Aus für die DDR am 3. Oktober 1990. Gab es "Mauern", "Eiserne Vorhänge" auch zwischen beiden gleichberechtigten Vertretungen? Wie ging man um mit Krisen, Komplikationen, Generalversammlungen "auf gleicher Augenhöhe" gemäß KSZE-Resultaten?
Der jüngste Telefonkontakt zu Harry Ott funktionierte unverzüglich, unkompliziert und unvermittelt herzlich. "Darf ich Sie einladen ins neue TIETZ zu einer Gesprächsveranstaltung unserer Bibliotheksreihe "Chemnitzer Köpfe?" - "Warum nicht?" Das wird nicht nur die alten Fettchemie-Gefährten und allerhand Kappler ringsum freuen. Dann kann gefragt werden nach der Sacharbeit etwa in den UN-Tochter-Organisationen wie UNICEF und WHO, in deren Gefolge ja etwa auch der UNICA-Weltkongress 1984 in der Stadthalle Karl-Marx-Stadt beriet. Gefragt werden auch nach dem Umgang mit den New Yorker Repräsentanten der Bundesminister Genscher und Kinkel, nach den Amtsgepflogenheiten zwischen Berlin und der UNO-Vertretung. Nach der Situation zwischen Vision und Wirklichkeit - und dem Anteil "Chemnitzer Köpfe" in diesem Getriebe. Schließlich hatte Botschafter Johannes König, Chefredakteur bis 1933 an der Schützenstraße, auch eine turbulente Chemnitzer Zeit. Wir hoffen auf ein Treffen im Frühjahr! Willkommen!

 

Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi