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Hasko Weber

 

Hasko Weber

Ein ganz besonderes Format oder Die Normalität der endlich gewordenen Einheit

Unübertroffen ist der Karriereweg des Schauspielstudenten von der kleinen Brigade-Spielstätte an der Chemnitzer Elisenstraße zum Rang des Intendanten am Stuttgarter Schauspielhaus. Lübeck, Tübingen, Saarbrücken, Karlsruhe, Mannheim und das BE am Berliner Schiffbauerdamm waren Stationen, die nach den Jahren am Dresdner Staatsschauspiel bei Intendant Dieter Görne (vormals Chefdramaturg bei Hans-Dieter Mäde in Karl-Marx-Stadt) folgten. Acht Jahre sorgte Weber dort für Feinschliff der Ensembleprägung und Ästhetik in "neuer Ernsthaftigkeit" mit dem Werkzeugarsenal des gelernten Maschinen- und Anlagenmonteurs als Fundament. "Mein nächstes Projekt wird ,Stalker’ nach dem Film von Andrej Tarkowski sein. Premiere ist am 7. Februar 2009 in Stuttgart", hören wir von ihm. Mit "Schlötel oder was solls" (Christoph Hein) und "Nina Nina tam Kartina" half er schon als Student in Karl-Marx-Städter Jahren den Zeitläufen auf die Sprünge, gehörte dann im Sommer und Herbst 1989, wie Hartwig Albiro für diese Rubrik notiert, "zu den Organisatoren des Widerstandes: Ausgehend von ihm und vielen jungen Kollegen wurden Protestresolutionen formuliert und verbreitet. Die wichtige Rolle des Schauspielensembles in der Wendezeit hatte" in ihm seinen geistigen Vater." (ausführlich unter stadtstreicher.de im Anhang dieser Rubrik).
Hasko Weber traf als Student 1988 an der Spitze des Karl-Marx-Städter Schauspielensembles auf Hartwig Albiro, der sich für unsere Rubrik genau erinnert: "Er war nicht nur eine Regiebegabung, sondern auch eine Leiterpersönlichkeit. Die zehn Studenten scharten sich um ihn wie die Küken um die Henne. Hasko Weber kam bald, als Student, mit dem Vorschlag eines Regieprojektes zu mir. Er machte mit dem Studio eine sehenswerte "Antigone". Bald wurde klar, diese Truppe musste zusammenbleiben - mit Hasko als Chef."
Dem war damals an der Lerchenstraße 27, ein paar Ecken weiter, Wohnraum zugewiesen: praktisch, nahe, studentisch. Vielleicht kommt mal in 50 Jahren eine Gedenktafel neben die Haustür: "Hier wohnte..."
Hasko Webers Stuttgarter Staatstheater am schönen Eckenseeufer steht auf Baugrund, der nachhaltig von Theaterbaumeister Max Littmann architektonisch gestaltet wurde. Littmann studierte in Chemnitz (siehe auch "Chemnitzer Köpfe", März 1997). Und Theaterpraktiker wie Klaus Weidner oder Wolfgang Sörgel bekommen einen besonderen Glanz in die Augen, wenn die Rede auf Hasko kommt. Nach "Stalker" ist also noch einiges möglich. Dafür Toitoitoi.

Hartwig Albriro über Hasko Weber:

Kennen gelernt haben wir uns im Sommer 1987. Das zweite Schuljahr der Theaterhochschule Leipzig spielte im Garten der Schule den Sommernachtstraum. Mit Gerhard Meyer und Irmgard Lange zusammen wollte ich mir einen Überblick über die neuen Studenten verschaffen, welche die nächsten zwei Jahre ihrer Ausbildung bei uns im Studio absolvieren sollten. Hasko Weber spielte "tobte" in der Handwerkertruppe, Wenn ich mich recht erinnere, war er der Zettel. Auffallend die komödiantische Leidenschaft, gepaart mit Intelligenz. "Er ist eine Regiebegabung" hatten die Dozenten informiert. Wir standen uns gegenüber " er strahlte kluge souveräne Bescheidenheit aus. Ein halbes Jahr später überraschte er mich beim Szenenstudium "Ich machte mit ihm und Silke Röder Richard III. "Mit dem Satz: "Ich würde gern ein paar Tage allein arbeiten und Ihnen dann das Ergebnis vorstellen".

Er war nicht nur eine Regiebegabung, sondern auch eine Leiterpersönlichkeit. Die zehn Studenten scharten sich um ihn wie die Küken um die Henne. Hasko Weber kam bald, als Student, mit dem Vorschlag eines Regieprojektes zu mir. Er machte mit dem Studio eine sehenswerte "Antigone". Bald wurde klar, diese Truppe musste zusammenbleiben - mit Hasko als Chef. In dieser Zeit "1988" versuchten sich kleine freie Theatergruppen zu etablieren. Sie scheiterten sämtlich an den Zensurstrukturen der DDR. Ich war ein leidenschaftlicher Vertreter der freien Gruppen, die ich in Finnland als Alternative zum festen Stadttheaterprinzip kennengelernt hatte. Wir entwickelten die Idee, das Studio Karl-Marx-Stadt als Unterabteilung des Schauspiels zu gründen und fanden in Gerhard Meyer einen wohlwollenden Partner. Er "spendierte" 10 freie Chorstellen und hielt gegenüber den Behörden den Kopf hin. Diese waren außerordentlich misstrauisch. "Was ist den nun schon wieder im Schauspiel los?!" Denn die DRAMTISCHE BRIGADE, so sollte die Truppe heißen, bestand auf eigener Entscheidung in allen künstlerischen Fragen. Wahrscheinlich hat Gerhard Meyer so gebürgt, dass der Partei und Staatsapparat zähneknirschend einwilligte. In der Spielstätte Elisenstraße fand nach vielem Hin und Her die Dramatische Brigade ihre Heimstatt. Im Juni 1989 war Premiere von Christoph Heins "Schlötel oder Was soll’s". Die Tatsache, dass nur maximal 50 Zuschauer in diesem "Zimmer" Platz fanden, rettete die Aufführung - wie die Stasiakten heute beweisen - vor dem Verbot. Hasko Weber hatte mit seiner Inszenierung ein politisch brisantes Werk geschaffen, mit viel Kraft alle organisatorische und künstlerische Probleme gemeistert und die Darsteller zu einer Einheit geführt. Der Sommer 89 bescherte uns einen Verlust - ein Mitglied der Dramatischen Brigade hatte über Ungarn die DDR verlassen. Ich glaube, Hasko war enttäuscht über diesen Riss in der Stabilität der Truppe. Lutz Salzmann vom Schauspielensemble sprang ein und es konnte weiter gespielt werden.

Der Frühherbst 89 ließ es an allen Ecken und Enden knistern. Hasko Weber gehörte zu den Organisatoren des „Widerstandes“. Ausgehend von ihm und vielen jungen Kollegen wurden Protestresolutionen formuliert und verbreitet. Die wichtige Rolle des Schauspielensembles in der Wendezeit – von mir unterstützt – hatte in ihm seinen geistigen Vater. Dank meiner Mitgliedschaft im Präsidium des Theaterverbandes konnte ich Verbindungen nach Berlin nutzen (Vorbereitung 4.11. Alexanderplatz), Hasko war intensiv in Karl-Marx-Stadt tätig. Details sind nachzulesen in "Nicht ohne Narrheit", Kapitel "Die verbotene und doch verlesene Resolution."
Hasko Weber und die Dramatische Brigade wurden voll in das Schauspielensemble übernommen., Hasko inszenierte u. a. Klein Eilof, Familie Schroffenstein, Klassenfeind und wechselte nach Dresden. Dort wurde er bald Oberspielleiter, wechselt später nach Stuttgart als Regisseur und ist dort heute geachteter Intendant. Zuletzt sahen wir uns im Dezember 2006 in Chemnitz. Wir redeten wie in alten Zeiten über Politik, Gesellschaft und Theater. Hasko Weber ist älter geworden - aber der alte geblieben.

 

Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi

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