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Wolfgang Loetzsch

Wolfgang Lötzsch

An den großen internationalen oder Deutschland-Touren hat er zuletzt allenfalls im Milram-Mannschaftstross als versierter Fachmann (diesen Sommer in der Schweiz oder in Spanien) teilgenommen - Spätfolgen einer im Zeichen der DDR-Nomenklatura verhängten Karriereverhinderung: Wolfgang Lötzsch, so urteilt die Fachwelt heute, hatte das Zeug zu einem Ausnahmesportler. Fischweg, Glücksberg, Küchwald, ringsum das Chemnitztal und das Erzgebirge waren seine frühenTrainingsreviere mit Speichen, Lenker und Rahmen, Rennsattel und Luftpumpe: Schneller, höher, weiter.
Ob Alfred Lötzsch, der Vater, Wolfgangs Weg als Ausnahmetalent zu den Siegerpodesten gut fand, wie er den Weg des Cousins "in den Westen" beurteilte (Vetter Dieter Wiedemann war als Dritter der 64er Friedensfahrtmannschaft bei günstiger Gelegenheit nicht wieder auf die östlichen Straßen zurückgekommen), gehört zu den privaten Angelegenheiten. Nur für die Sportfunktionäre war das eben im Falle Lötzsch nicht zueinander passend. Wolfgang gilt sofort als verdächtig, verbringt zehn Monate im MfS-Gefängnis auf dem Chemnitzer Kaßberg ("wegen Staatsverleumdung"). Auslandsstarts undenkbar: Fluchtgefahr (SCK-Chef Heinz Gensel: "Wir haben kein Vertrauen mehr zu dir.") - Rückstufung aus Förderligen, Kaderlisten, Trainingsplänen. Lötzsch bleiben Betriebssportgemeinschaften übrig und regionale Herausforderungen wie Barkaspreis, Wismutpreis, Tribüne-Bergpreis, Diamantpreis; DDR-offene Rennen ohne Kadersportler gewinnt er wohl 30 Mal als bester. Gesetze und Reglements sind allemal Menschenwerk, wandelbar, biegbar nach den aktuellen Interessen der jeweiligen Macht. Seit 2. Oktober 1995 trägt der Chemnitzer den Verdienstorden der BRD, "für seine Zivilcourage", wie Bundespräsident Roman Herzog dankt.

Der Deutsche Meister von 1990 im 100-km-Mannschaftsfahren hatte 1974 bei den DDR-Bahnmeisterschaften in der 4000-Meter-Einzelverfolgung gesiegt, war DDR-Meister in der Einzelverfolgung. Wolfgang Lötzschs Karl-Marx-Städter Bahnrekord von 1985 hat bis 2001 Bestand, all das bleibt in den Annalen der Radsportstadt Chemnitz.
Dem kerngesunden Sportler ("Ich will ein großer Fahrer werden"), der für München 1972 berufen und aussichtsreich auf der Kader-Agenda steht, wird das belgische Trainingslager verwehrt. "Wir könnten jetzt vielleicht einen Weltmeister oder Olympiasieger ehren, wenn nicht verschiedene Leute etwas gegen Wolfgang Lötzsch gehabt hätten", überliefert Phillipp Köster (Der lange Weg eines Jahrhunderttalents, Covadonga-Verlag) einen OB-Seifert-Seufzer vom ACC-Abschiedsrennen Ende Juli 1995.
Auf der Suche nach frühen Dokumenten für diese Rubrik kommt es in einer alten Zeitung zu einem Zufallsfund: Lötzsch 1968, ein Foto von Günther Weißflog, zehn Jahre nach Lötzschs Einschulung in die Oberschule Furth an der Chemnitztalstraße. Heute hat sich das Haar gelichtet, viele Erfahrungen hat der Chemnitzer zwischen Start und Ziel gesammelt. Doch damals lautete der Text zum Foto verheißungsvoll: "Am Kindersporttag, den der Klub der Werktätigen Albert Hähnel organsiert hatte, fand auch ein Rundenrennen um den Preis des Klubs der Jugend und Sportler Fritz Heckert statt, bei dem der Radnachwuchs sein Können zeigte. Gewinner des Pokals wurde Wolfgang Lötzsch vom Sportklub Karl-Marx-Stadt. Er siegte beim 28-Runden-Rennen für 14- bis 18jährige an der Kochstraße in 45:10 Minuten (18 Punkte) vor seinen Klubkameraden Schulz und Pfuhl."
Obwohl er sportlich die DDR-Nationalmannschaftskader oft besiegte, durfte er nie bei Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen starten. Moralische Siege lassen zuweilen auf sich warten. Lötzsch ist er sicher.

 

Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi

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