Bewertung: 5 / 5

Stern aktivStern aktivStern aktivStern aktivStern aktiv
 

Maurice Goldhabe

 

 

Prof. Dr. Maurice Goldhaber

 

Der US-Nuklearphysiker mit Chemnitzer Gymnasialbildung

Für sein Lebenswerk als Kernphysiker erhielt Moritz Goldhaber vor einem Jahr aus der Hand von Präsident Bill Clinton gemeinsam mit Michael E. Phelps den hochdotierten Enrico-Fermi-Award des Weißen Hauses. Schade, dass uns das Fotodokument der Zeremonie bis zum Augenblick noch nicht vorliegt. Goldhaber erwarb seine Hochschulreife an der Chemnitzer Reitbahnstraße - das Gymnasium stelle man sich zwischen Annenstraße und Bernsbachplatz landwärts vor. Es war der Vorläufer für den heute als Agricola-Gymnasium bekannten Emil-Ebert-Bau. Architekt Ebert hatte mit Bildhauer Heinrich Brenner einen figürlichen Schmuck für die Portalzone verabredet. Der Zufall wollte es, dass eines der Modelle jener Moritz Goldhaber war, der später in Großbritannien und den USA zum namhaften Kernphysiker heranwuchs. "Eine Reihe jener, die nach den Kriterien der Coziationsanalyse als bedeutsam für die Entwicklung der Kernphsik angesehen werden müssen, lehnte die Mitwirkung am Atomwaffenbau aus ethischen, politischen oder persönlichen Gründen ab", heißt es in seriösen Nachschlagewerken der deutschsprachigen Emigration (Darmstadt 1998). Dann folgt nach den Namen von Max Born und Albert Einstein auch Maurice Goldhaber und Gertrude Scharff-Goldhaber, die Frau des gebürtigen Lembergers mosaischen Glaubens.

Ein Vor-Ort-Interview mit Goldhaber war bisher leider nicht realisierbar. Einzig ein Telefonat mit dem fast 90jährigen war dem Verfasser dieser Zeilen vor Jahresfrist möglich, in dem der Wissenschaftler nach seinen Chemnitz-Erinnerungen gefragt und gebeten wurde, die von Eric Neukirchner verwirklichte Neufassung der im Hitlerreich fanatisch entfernten Großplastiken zu kommentieren. Sein Elternhaus an der Ludwigstraße steht Goldhaber offenbar lebhaft vor Augen, die Wiederkehr der Jünglingsfiguren wollte er jedoch nicht näher bewerten: "Das ist Sache der Deutschen", kam die Antwort ebenso lakonisch und endgültig wie einleuchtend und respektgebietend. Auch weitere Bemühungen, etwa am Rande des New-York-Gastspiels unserer Städtischen Theater mit dem "Weg der Verheißung" oder zu einem Besuch in Chemnitz auf Stadtinitiative, brachten knappe abschlägige Bescheide. So steht es anheim, in den neuen Gestalten am obersten Stockwerk des Gymnasiuma fortan stets auch das Memento an jene mehr als dümmliche Diktaturenschmach zu erkennen und die Hochachtung für jene Wissenschaftler-Biographie mitsamt einem frühen Chemnitz-Bezug beliebig wachzuhalten.

Moritz Goldhaber legte bald nach dem Machtantritt der sog. Nationalsozialsten seinen deutschen Vornamen ab, kam als Maurice zu hohem Ansehen und bleibt ebenso wie seine Lebensleistung in gewisser Hinsicht mit unserer Stadt verbunden. Seine Impulse und Forschungsresultate nahmen weitreichenden Einfluss auf die Physik und andere Wissenschaften, so die Medizin und die Technologie. Nukleare Zerfallsprozesse und Isomerübergänge sind mit seinem Namen verbunden, Professor Goldhaber, Mitglied und zeitweilig Vorsitzender der US-Gesellschaft für Physik, der Amerikanischen Akademie der Künste und der Wissenschaften, dreifach wurde ihm die Ehrendoktorwürde zuteil. In seiner Amtszeit als Direktor des Brookhaven National Laboratory empfing sein Haus drei Nobelpreise für Hochenergie-Physik. Seit dem Tod seiner Gattin und Fachkollegin trägt ein von Goldhaber in New York gestifteter Memorial-Preis den Namen "Gertrude Scharff-Goldhaber". Anreiz auch für Chemnitzer TU-Physik-Absolventen unserer Jahre, sich solcher Ehre strebend zu nähern und den Rang eines Tages zu erwerben.

Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi