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Siegfried Thiele

 

Professor für Komposition Siegfried Thiele

Siegfried Thiele - Professor für Komposition, 1990-1997 Rektor der Hochschule für Musik Leipzig

Zu den höchst seltenen DDR-Schallplatten aus hiesigen Sälen zählt die im April 1987 aufgenommene Edition "Die Jehmlichorgel der Stadthalle Karl-Marx-Stadt" (NOVA) mit Siegfried Thieles "Suite" von 1979, dreisätzig und stark in den Kontrasten, typisch für die Stadt zwischen Schloßteichidylle und Fabrikhektik, Eruptionen des Zorns oder gewisser Unduldsamkeit, gegenüber wem auch immer. Man konnte Siegfried Thiele noch nicht nach seinem Grundimpuls für diese Komposition fragen, noch nicht erfahren, ob sie überhaupt zu seiner Geburtsstadt Chemnitz in Beziehung steht. Auch jetzt Mitte November nicht, als sich die Sächsische Akademie der Künste zu ihrer Jahrestagung in Chemnitz aufhielt. Deren Ordentliches Mitglied aber ist Prof. Siegfried Thiele, emeritierter Rektor der Leipziger Hochschule für Musik seit ihrer Errichtung nach einem Gesetz des Freistaates Sachsen von 1994. Erste Vorbereitungen gelten nun dem im kommenden Frühjahr bevorstehenden 65. Geburtstag Thieles auch in Chemnitz. Von hier aus (Abitur 1952) ist er 1953 aufgebrochen zum Studium an die Musikhochschule Leipzig, steht selbst inzwischen in diesem Jahre das vierte Jahrzehnt im Lehramt.

Zuerst wurde er an den Musikschulen Radeberg und Wurzen Lehrer, dann aber kehrte er 1962 an seine eigene Ausbildungsstätte zurück und erhielt 1971 die Dozentur für Partiturspiel und Tonsatz an der Leipziger Musikhochschule. Als Meisterschüler von Leo Spies, einem in Petersburg geborenen und durch Kantaten und Ballette ("Der Stralauer Fischzug", "Der Rote Platz") recht populär gewordenen Berliner Komponisten, überschritt er die Schwelle zu eigenen wissenschaftlichen Veröffentlichungen, Orchesterwerken, zu vokalen und vokalsinfonischen Werken von Rang und Dauer. Zu Kammermusik, Gemeindegesängen, Instrumental- und Chormusiken für den Gottesdienst der Christengemeinschaft. Thiele schrieb Kantaten für Chor, Gemeindegesang und Orchester für das ganze Kirchenjahr, für Ostern und Johanni, Michaeli und Advent.

Bis zu unserem Ehrenabend "Chemnitzer Köpfe - Siegfried Thiele" in den Wochen um seinen 65. Geburtstag sollte das Chemnitzer Publikum ergründen, aus welchen Inspirationen heraus Thiele seine literarischen Fundamente erwägt und erwählt: Novalis und Goethe, Schiller und Hölderlin, Leonardo da Vinci und Guillaume de Machaut. 1989 saß er an einer Motette nach Texten von Thomas a Kemis, komponierte 1994 einen Text von Ingeborg Bachmann und jüngst erst "Zwei Psalmen Davids für vierstimmigen gemischten Chor und Solo-Tenor". Wer da in den Mitteln seines Zugangs persönliche Defizite entdeckt, wem diese Autoren nicht magnetisches Signal sind, hat noch keinen Grund, zu verzagen. Die Chance der Annäherung an Werte und Tugenden ist unbegrenzt, auch dank Siegfried Thiele!

 

Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi