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David Federmann

David Federmann

Eine Jahrhundertvita oder die Mehlkammerfenster am Falkeplatz

Ein tüchtiger Bäckermeister namens David Federmann brachte es dank erfolgreicher Geschäftsführung - er kam 1910 aus dem Osten nach Chemnitz - neben dem Hauptgeschäft Reitbahnstraße 39 bald auf drei Filialen: Äußere Klosterstraße, Dresdner Straße, Theaterstraße. Alles beste Lage.
Friedlich wuchs die Familie heran: Paul, Marta, Yekutiel, Samuel und Susi kamen zur Welt, belebten auf Jungenart das Chemnitzer Pflaster - bis es ringsum durch den Machtantritt der Nationalsozialisten rasch vorbei war mit aller Friedlichkeit: Emigration dann ab Ende 1936 über Belgien, Spanien, Portugal, Jamaika bis zur Ankunft im heiligen Land Israel.

Zum Begriff "Juden in Chemnitz" zählt Familie Federmann mit allem Respekt fundamental. Nicht nur, weil die mit zwölf Spitzenadressen größte Hotelkette Israels "Dan" (einschließlich King David Jerusalem) und die wichtigen neuen Chip-Fabrikationen Sachsens längst mit Federmanns Kapital und Unternehmertum funktionieren, Arbeit schaffen weit und breit.

In DDR-Jahren blieb die alte Heimat den Federmanns hinter einem unüberwindbaren "Eisernen Vorhang". Das wurde erst 1989/90 anders: Yekutiel gründete und agierte in Freiberg und Dresden. Samuel Federmann, den internationalen Hotelier, sah man gelegentlich in Chemnitz als er sich bei den "Tagen der jüdischen Kultur" im März 1997 dort einem großen Publikum stellte. Zuvor war er 1989 noch als Vizepräsident der internationalen Hotel Association (seit 1990 deren Präsident) erstmals im Hotel Kongreß, jetzt "mercure", abgestiegen.

Zuerst war 1935 Paul Federmann von Chemnitz weggegangen, nach Belgien, wie gesagt. Samuel blieb, "da ich meinen zionistischen Weg vor Augen hatte, weiter in Deutschland" bis 1938 nahe Flensburg in einem Vorbereitungsgut. Yekutiel Federmann verließ 1938 zusammen mit Teddy Kollek Berlin, kamen im Herbst 1939 in Palästina an.

Ein Jahr nach Paul waren die Eltern mit dem Rest der Familie in Belgien etabliert, gingen weiter über Ostende, Paris und Lissabon, nicht selten tagelang zu Fuß. Samuel Federmann geriet in ein spanisches KZ, die Eltern blieben bis 1947 auf Kuba, bis sie ihre Kinder in Palästina begrüßen konnten.
Damals begann die Zeit, da der Staat Israel Gestalt annahm, stets begleitet von dem neuen Hotelunternehmen der Federmanns, der Dan-Hotelkette. Vater David ist 1959 gestorben und Mutter Zipporah im Jahre 1968. "Sie sind hier in Tel Aviv begraben", sagt uns Samuel Federmann im Telefoninterview. "Mein Bruder Yekutiel, der im Januar 2002 starb, wohnte etwas außerhalb von Tel Aviv, in Herzlia". Am dortigen Grab sprach Ministerpräsident a.D. Shimon Peres, ist zu erfahren. Auch andere Chemnitzer waren mit Familie Federmann sehr gut bekannt, ja freundschaftlich verbunden. Fritz Lichtenstein etwa, der ab 1950 von Köln aus für Israel diplomatisch tätig wurde unter dem Namen Perez Lechem - dringend ebenfalls zu verzeichnen unter dem Anspruch "Juden in Chemnitz"! Andere sah man bei gemeinsamen Treffen: "Wir hatten hier ,Treffen der Chemnitzer’, zuletzt vor sechs oder sieben Jahre, da hatten wir noch genügend Chemnitzer für ein Treffen", erinnert sich Sam Federmann.

Der hochgeachtete Hotelier ist voller Erinnerungen, die aus der noblen Gästeliste unter seinen Dan-Hotel-Dächern herrühren: Regierungschefs, Präsidenten, Industrielle, Künstler, Oberbürgermeister. "Dr. Peter Seifert war im Don-ACCADIA-Hotel zu Gast. Ich weiß, dass er sich sehr wohlgefühlt hat. Ich hatte ihn bei den Tagen der jüdischen Kultur in Chemnitz und bei der Premiere vom ,Weg der Verheißung’ im Opernhaus bereits kennengelernt - die Reihenfolge weiß ich jetzt nicht sofort." Die Verbindung nach Tel Aviv ist nicht nur telefonisch vorzüglich...

Bleibt für diesmal das Wort "Mehlkammerfenster" aus der Überschrift zu erhellen: Wer heute von der Brücke Falkeplatz zum Rosenhof schaut, findet in der Uferbegrenzung längst vermauerte Kellerfenster. Diese Fundamentmauer hielt bis zum Bombenangriff 1945 das stattliche Eckhaus Theaterstraße mit Federmanns Bäckereifiliale. Herr Samuel, geboren 1916 in Chemnitz, erinnert sich gern amüsiert, wie er in Kindertagen dort aus der Mehlkammer durchs Fenster geklettert und in die Chemnitz gelangt sei. Wie der Bubenstreich ausging, erzählt er gewiss beim nächsten Besuch in Sachsen.

Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi

 

Addi Jacobi, der Autor unserer Rubrik seit 1992, führte im Sommer 2004 ein Telefongespräch mit Samuel Federmann, Tel Aviv. Wir geben den Gesprächsverlauf auch in der Diktion getreulich wieder und fügen eine Ergänzung an, die zur Autorisierung des Textes wunschgemäß als Fax und zugleich in Briefgestalt in Chemnitz eintraf. HIER

 

 

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