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Gottfried Klepel

Dr. Gottfried Klepel

Ein Chemnitzer Montanwissenschaftler mit Nerv für Arbeit und Sozialpolitik als Staatssekretär im Kabinett de Maiziere

In den altsituierten "Freiberger Forschungsheften" veröffentlichte 1958 Gottfried Klepel dank Akademie-Verlag Berlin seinen Rückblick auf 150 Jahre technische Entwicklung der "Gas- und Kokserzeugung aus Steinkohlen in Deutschland".
Um die Chemnitzer Herkunft des Wissenschaftlers wissend - der Vater war Reichsbankinspektor, man lebte am Zschopauer Platz, gehörte also zur Luther-Kirchgemeinde, beteiligte sich bei Kantor Otto an der Kirchenmusik, wirkte im Orchester und im Chor aktiv - ergaben sich bald Einzelheiten: Dieser 1928 geborene Diplomingenieur für Kohleveredlung, war er ein Gebliebener, ein Gegangener, ein Vertriebener im Verständnis unserer kleinen Reihe zu Lebensläufen bemerkenswerter Chemnitzer seinerzeit und heute?

Wieder eröffnete sich ein biografisches Panorama, das seine Werte im Resultat der Nachkriegsentscheidungen der vier alliierten Siegermächte sammelte. Schon die erste gebundene Arbeit, der viele wissenschaftliche Fachvorträge auch in gedruckter Gestalt folgen konnten, fußt auf dieser Zäsur: Zusammenbruch, Kapitulation, Jalta, Potsdam. Zwölf Jahre nach Kriegsende beschreibt Klepel die speziellen Anforderungen, die sich in später üblich gewordenen Begriffen wie "Embargo"-Politik, auch "Hallstein-Doktrin" oder "Störfreimachung" als SBZ-Möglichkeiten abbildeten. Die karge Rohstoffausstattung der DDR-Bezirke, Verlockungen der freien Welt mit permanenten Folge-Defiziten in Bereichen der technischen, medizinischen, künstlerischen Intelligenz, die gewollten Grenzen der Staatswirtschaft ‚made in GDR‘ hatten im Leben des Kohle-Wissenschaftlers eine örtliche Konsequenz: Lange vor der explodierenden Braunkohleförderung und Erdölveredlung im Cottbus/Frankfurter Revier (Schwarze Pumpe) wechselte der Energie-Spezialist nach Markkleeberg, um im Kombinat Böhlen im Braunkohlebecken südlich Leipzigs gleichsam "vor Ort" zu wirken. Zum fachlichen gehörte für ihn das gesellschaftliche, parteipolitische: Dr.-Ing. Klepel wurde 1960 Ortsvorstandsmitglied seiner Partei, der CDU, gehörte zum Vorstand der Brennstofftechnischen Gesellschaft der DDR, war, als sie in die Kammer der Technik überführt wurde, der Vorsitzende. "Auch in der Kammer hatte ich in meinem Fachbereich verschiedene Funktionen inne." Dr. Gottfried Klepel nahm ab 1963 als gewähltes Mitglied der Volkskammer im Hohen Hause an der Luisenstraße Platz, fortan in allen weiteren Legislaturperioden.

1963 hoffte er redlich, mit seiner Stimme, seiner Person, seinem Charakter einem christlich-demokratischen Grundverständnis gleichsam an zentralem Ort, der höchsten Volksvertretung, Entwicklungsimpulse zu formieren. Protokolle geben Aufschluss über Anläufe und Grenzen, wohl auch über Enttäuschungen und Umwege angesichts sozialistischer Auffassungen von "Staat und Recht" zwischen den tonangebenden Plena der SED-Experimente. Auch als Jahrzehnte später das inzwischen von der freien Welt zweckmäßig respektierte Parlament in seine letzten Monate trat, war Gottfried Klepel in seinen Ausschüssen tätig, bevorzugt für Arbeit und Sozialpolitik. Doch zuletzt, im ersten frei gewählten Parlament nach dem März 1990 kam der Chemnitzer in eine Position, die ihm zu Zeiten der Arbeiter- und Bauernmacht trotz aller Fach- und Sachkompetenz versagt geblieben ist: Die frei gewählte Regierung Lothar de Maiziere formierte sich und versicherte sich der Mitwirkung Dr. Klepels als Staatssekretär im Kabinett.

"In der Regierung de Maiziere war ich beim Amt des Ministerpräsidenten, Klaus Reichenbach, als nichtparlamentarischer Staatssekretär tätig, also auch kein Mitglied des Kabinetts, obwohl ich an dessen Sitzungen teilnahm." Der Ministerpräsident habe ihm sogleich die offenkundig kurze Frist dieser Tätigkeit zu verstehen gegeben: Diese kompakt gefüllten Monate dienten der Gestaltung des Einigungsvertrages. Der Chemnitzer Dr. Klepel, Absolvent der Bergakademie und bekennender (Kohle-)Veredler war im Kabinett als Staatssekretär dabei.

Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi