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Ernst Heilmann

 

Ernst Heilmann

7. Juli 1945: Die Spichernstraße wird zur Ernst-Heilmann-Straße

Das hier gedruckte Foto zeigt Ernst Heilmann als Gefangenen des Hitlerregimes im Jahre 1933, also 53-jährig. Es ist das letzte Abbild, das er selbst gewiss niemals zu Gesicht bekam. Die Nazis schreckten nicht vor der Eskalation perverser Gewalt zurück - auch gegen ihren unbeugsamen Erzfeind Ernst Heilmann, den Demokraten, den Juristen, der angesichts seiner auch jüdischen Wurzeln zum höheren Staatsdienst nicht auserkoren sein konnte und alternativ entschlossener Sozialdemokrat wurde. Historiker wie Peter Lösche zählen ihn seit je zu den zehn einflussreichsten Politikern der Weimarer Republik. Am eigenen Leibe spürte Ernst Heilmann zuletzt das Resultat seiner Überzeugung: "Wir müssen den Faden der Loyalität weiter spinnen, solange er weitergesponnen werden kann."
Die Gräueltaten der braunen Terroristen, die an Heilmann exerziert wurden, kamen schon zeitig in "Braunbüchern" zur Sprache, sind längst verbürgte Dokumente. (SS-Schergen zwangen ihn im KZ, mit zwölf Gegnern simultan Schach zu spielen als milde Demütigung für den Berliner Schachmeister.)
In Chemnitz spielte Ernst Heilmann zuerst in Arbeiterversammlungen und Redaktionsstuben linker Zeitungen eine Rolle. Seine Sprachkraft, offenbar nie um ein kreatives Argument verlegen und gewitzt pointiert zur Geltung gebracht, verlangte nach Resonanz auch auf den Parlamentstribünen - etwa im Preußischen Abgeordnetenhaus von 1919 bis 1933, und seit Mai 1928 im Deutschen Reichstag. SPD-Fraktionsvorsitzender im Landtag Preußens war Ernst Heilmann seit 1921!
Chemnitzer Spuren kennen die Mauern des Georg-Landgraf-Hauses auf dem Sonnenberg, wo seinerzeit die "Volksstimme" gedruckt und verlegt und redigiert wurde. Ernst Heilmann war dort zehn Jahre tätig, seit 1909 als Chefredakteur (1907-1917), schrieb auch als Chemnitzer Parteiführer die "Geschichte der Arbeiterbewegung in Chemnitz und dem Erzgebirge" und erwarb sich damit die Benotung als "eingefleischter Revisionist": "Sie hatten die Arbeiter in Chemnitz zum Glauben an die Allmacht der Stimmzettel und des Parlamentarismus erzogen und damit dem Reformismus Eingang verschafft", zitiert der Verfasser seinen Altvorderen im Amt ohne pragmatische Anmerkung.
"Die Persönlichkeit Heilmanns muss faszinierend gewesen sein, und sie steckte voller Widersprüche," spielt der Historiker Peter Lösche auf sein chauvinistisches "Mars regiert die Stunde" an und urteilt: "Er war ein disziplinierter Arbeiter, voll geballter Konzentration." Zugleich den Lebensgenüssen nicht abhold und mit ausgeprägtem Erwerbsstreben: "Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich kein Verständnis dafür habe, dass mitten im Kapitalismus Geldverdienen auf die anständigste Art und Weise, durch eigene Arbeit und Leistung, ein Unrecht oder eine Ehrenminderung sein soll."
Zu lange unterschätzte Heilmann die nationalsozialistische Gefahr. Nie verziehen ihm die Nazis seine Reputation als Symbolfigur der Weimarer Demokratie. Peter Hahn in der MAZ vom 5. 4. 2005: "Auf ihn konzentrierte sich geradezu der fanatische Hass von Nationalsozialisten und Kommunisten. Er war Jude, Sozialdemokrat und obendrein ein entschiedener Gegner der KPD." Schon in den ersten KZ-Tagen im Sommer 1933 war er bis zur Unkenntlichkeit zusammengeschlagen worden, bald darauf wurden dressierte Bluthunde auf den Verletzten gehetzt. Bis ins Frühjahr 1940 dauerte die Tortur der Folterungen und Misshandlungen von Plötzensee und Oranienburg über Börgermoor und Sachsenhausen, Dachau-Esterwegen und schließlich Buchenwald.
Im elektronischen Archiv der "Märkischen Allgemeinen" ist nicht nur das Grabfoto Heilmanns als "Berliner Ehrengrab" auf dem Wilmersdorfer Waldfriedhof Stahnsdorf auffindbar, sondern auch die wohlerwogene Überschrift der Veröffentlichung: "Die Kommunisten waren für die SPD-Politiker Verbündete der Nazis." - Die Namensplatte im Chemnitzer "Ehrenhain der Sozialisten" an der Wartburgstraße steht da eher im Ensemble anderer Kämpfer und Opfer. Wir geben zu bedenken.

 

Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi

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