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Paul Herbert Freyer

Paul Herbert Freyer

Allezeit Schiff auf großer Fahrt

Bei der Vergabe des "Chemnitzer Friedenspreises 2010" im Volksbank-Haus Börnichsgasse/Innere Klosterstraße erwähnte Heidemarie Lüth jetzt auch den Namen eines einst populären DDR-Theatermannes, eines Schriftstellers und stilbildenden Fernsehautoren: Paul Herbert Freyer. Gegen Ende der kleinen Ansprache fiel der Name abermals, wieder fast beiläufig. So sei nun deutlicher an einen Einheimischen erinnert, der in den Jahren 1956 bis 1960 initiativreich eine kulturelle Spitzenposition innehatte als Generalintendant der Städtischen Theater Karl-Marx-Stadt. Mehr noch: Die frühen DDR-Kontakte zu Friedensnobelpreisträger Albert Schweitzer im Urwaldkrankenhaus Lambaréné sind ausschließlich diesem Freyer zu verdanken, familiäre Verwandtschaftsgrade wahrnehmend, bevor später ein CDU-Spitzenfunktionär wie Gerald Götting seine Mission vor Ort bei Schweitzer ausführte. Da war durch Freyer der Boden bereitet.
Paul Herbert Freyer hatte im Zweiten Weltkrieg als Steuermann auf dem Schlachtschiff "Prinz Eugen" die Ozeane weltweit durchfahren, freilich die exotischen Küsten und Landschaften meist nur durchs Periskop gesehen. Nun wollte er weit hinaus - und schaffte es gar bis in des Nordpols Nähe. Er dürfte einer der ersten Sachsen, Crimmitschauer, Chemnitzer, Karl-Marx-Städter gewesen sein, dem das in der Nachkriegszeit gelang: Einmal Seemann, immer Seemann - weltoffen.
Beruflich war Paul Herbert Freyer als Dramaturg des Maxim-Gorki-Theaters in Berlin rasch zu Reputation und Vertrauen gekommen, so dass er 1956 auf dem Chemnitzer Kaßberg (Hoffmannstraße) Wohnung erhielt. Generalintendant der Städtischen Theater war er mit besonnener Leidenschaft: Opernklassik, Ballett, Konzertleben - Gegenwartstheater schrieb er am besten selbst, Schauspieldirektor war damals Dr. Gottfried Kolditz, der auch durch seine Wallenstein-Inszenierung in die Theaterannalen einging. Prof. Riha war als Felsenstein-Partner der Monolith fürs Karl-Marx-Städter Musiktheaterensemble.
Zitiert wurde beim "Chemnitzer Friedenspreis" belesen aus "Der Tod auf allen Meeren" und mit Freyerschem Temperament: "Die Geschichte ist nicht schlechthin ein Register, das alle Begebenheiten, alle Fakten erfasst und aufbewahrt. Sie ist eine aktive Kraft bei der Meisterung der Gegenwart und der Gestaltung der Zukunft, wenn ihre Lehren beherzigt werden." Wie kommt solch ein Satz in Abenteuerliteratur? Vielleicht als Dialogfetzen? Vielleicht als Quintessenz eigener Marinewege beim Überleben angesichts des Todes "auf allen Meeren"? In Paul Herbert Freyers Buch steckt die Antwort, und zur Beflügelung der Leselust sei eine Titelfolge angereiht: "Die Versenkung der Athenia", "Der Tod auf allen Meeren", "Sturmvögel. Das Medaillon", "Das Spionageschiff", "Albert Schweitzer. Kornblumen", "Das grüne Ungeheuer" - die Fernsehversion, aber auch "Brokat aus Frankreich" von einem gewissen Flacon Channell.
In erster Linie war Freyer ein vitaler Theatermann "Der war agil", sagt der langjährige technische Direktor des Theaters Klaus Weidner und wusste, dass er bei den Bühnentechnikern gern auf eine Skatrunde vorbeikam. "Auch die Episoden aus Lambaréné zu Floßfahrten, Riesenbananen und Schweitzers Tropenhelm kamen da kollegial zur Sprache." Als Fernsehautor erreichte Paul Herbert Freyer für den Adlershofer TV-Kanal spätestens seit seiner Serie "Das grüne Ungeheuer" (Regie Rudi Kurz) beste Einschalt- und Wiederholungsquoten. Überliefert ist auch eine Begrüßungsszene am Theaterportal, als der Hausherr den Ministerpräsidenten korrekt begrüßte. Grotewohl aber kannte sich aus, lachte Freyer ganz braunschweigerisch an und sagte kundig: "Oh, Flacon Chanel". Denn das war Freyers Pseudonym für sein keck-amouröses Bühnenstück in einer meist gern prüde-sterilen Kulturlandschaft.
Welche Bewandtnis es mit dem arktischen Eisbärenfell hat, soll uns bitte Holm Freyer genau erzählen, wenn er im Sommer wieder einmal in seine Geburtsstadt kommt. Vielleicht kennt er auch den Verbleib des Bildnisses, das der Vater aus Albert Schweitzers Urwaldhospital in Gabun dem Kulturbund der DDR als Dank für ein Grußschreiben aus Lambaréné überbringen durfte. Seine Unterschrift hatte der Nobelpreisträger mit der Botschaft versehen: "Die Idee der Ehrfurcht vor dem Leben ist das Grundprinzip des Ethischen und der wahren Humanität."

 

Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi

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