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Hoffmann und weitere

 

 

Hoffmann und weitere

Vier Chemnitzer im Hohen Hause

Weder liberale noch konservative Kandidaten wollten die Chemnitzer Wähler zukünftig für sich im Bundestag erproben. Damit müssen Demokraten leben. Doch ist mit dem Claußnitzer SPD-Landwirt Dr. Gerald Thalheim nun ein Chemnitzer (*1950, Flemmingstraße) sogar zum Parlamentarischen Staatssekretär aufgerückt. Und ein weiterer Sozialdemokrat Chemnitzer Geburt, Dr. Edelbert Richter, wurde an dieser Stelle schon 1993 auch als EU-Parlamentarier benannt und begrüßt. Dr. Mathias Schubert aber, der Landrat aus dem Oderbruch, der an der Oberschule auf dem Kaßberg 1971 Abitur machte, verteidigte seinen Fürstenwalder Wahlkreis und brachte es jetzt zum "Sprecher der Arbeitsgruppe für Angelegenheiten der Neuen Länder der SPD-Bundestagsfraktion" und abermals zum Mitglied des vielstrapazierten "Ausschuß für Finanzen". Vier rotgepolte Chemnitzer diesmal also - Jelena Hoffmann eingeschlossen - im Hohen Hause am Rhein, das noch 1999 zum Brandenburger Tor umzieht. Eine günstige Stadt-Lobby, wollen wir hoffen.
Dr. Schubert war zwar getauft, doch kaum streng christlich aufgewachsen. Mutter Stenotypistin, Vater Bus- und Bahnfahrer beim Nahverkehr, fühlt er sich vom "Elternhaus staatskritisch erzogen". Großvater Schubert, der an der Mühlenstraße 45 ein Milchgeschäft betrieben habe, sei gar Mitbegründer des Spartakusbundes in der Stadt gewesen. "Mein Vater war nie in einer Partei." Zum Glauben sei Mathias durch einen Schulfreund, den Sohn von Pfarrer Meis (St. Jakobi) gekommen, zu EOS-Zeiten sei er auch durch ihn "ein eigener Mensch geworden, umorientiert in die Kirche hinein. Da hatte ich einiges auszustehen", deutet er an. Auf seinen Geschichtslehrer Siegert aber läßt er nichts kommen, im Gegenteil: "Der war wirklich gut. Der hat nicht nur dogmatische Geschichtsauffassung des Marxismus-Leninismus gelehrt! Der war frei!" Daß Schuberts Schwester 1959 nach Westberlin gegangen war und der SED-Schutzwall dauernde Trennung brachte, spielte eine gleichsam traumatische Rolle. Als Pfarrer zuerst im Kreis Merseburg, dann jahrelang in der theologischen Studienabteilung beim "Bund der Evangelischen Kirche in der DDR" auf dem Felde des Sozialwesens tätig, fand der Chemnitzer 1990 schnell zur SPD.
Eine andere Partei sei für ihn unmöglich gewesen, erklärt er, sieht er doch die "soziale Verantwortung des Christentums mit der Sozialdemokratie fast kongruent." In den Fürstenwalder Kreistag gewählt, blieben dem Theologen schließlich ganze "fünf Minuten Zeit, mein Leben zu ändern." Politiker wurde er nun, Landrat, und sofort kamen ihm auch alle seine Erfahrungen und ethisch-theoretischen Studien, seine Erkundungen auf dem Feld der Gentechnik, der Soziobiologie oder auch des behinderten Lebens und der Wirtschaftstätigkeit zugute. Bald folgte der Einzug ins höchste deutsche Parlament. Schon in der 13. Legislatur kam er dank anspruchsvoller Ausschußarbeit gleich siebenfach mit Plenarreden zur Geltung; stets zu fundamentalen Themen - eine Seltenheit für einen Anfänger unter Bundesparlamentariern.
Für Schubert ist die oft beklagte Zähigkeit der politischen Entscheidungsprozesse, die Dauer von der Erkenntnis zur Umstellung im Staatsgefüge kein prinzipielles Manko: "Das Verfahren kann man kürzen, das Prinzip selbst möchte ich nicht verändern, weil eben Demokratie Meinungsbildung sehr vieler Interessen ist." Das galt bisher, das gilt in Regierungsverantwortung ebenso, das reicht über die 100-Tage-Schonzeitfrist der neuen deutschen Machtspitze hinaus. "Demokratie ist nicht Ausgeburt der Nächstenliebe", hören wir von ihm, "aber daß Demokratie verteidigt werden muß gegen alle rechten und linken Idioten, das meine ich schon." Es habe wenig Sinn, auf Konfrontation zu gehen, sondern geboten sei, den Dialog zu suchen: "Dafür muß die Politik Vorleistungen bringen." Ob denn die Arbeitgeber den neuen Absichten folgen würden, wollten wir zum Komplex Sanierung der Staatsfinanzen/Arbeitslosigkeit/Einigung Europas noch wissen? Schubert: "Wenn es dem Kapital Erfolg, also Geld bringt, dann machen die das."
Wenn Schubert demnächst wieder in Chemnitz zu einem Termin eintrifft, könnten diese Themen alle gut mit ihm vertieft werden. Auch über seine Erinnerungen an den Chor der Schloßkirche wäre dabei gern zu reden, wo er einst bei Kantor Kircheis "die ganze Oratorienliteratur gesungen" hat. Doch das Mandat seines Wahlkreises hat sicher Vorfahrt. Schließlich geben die Stimmenzahlen der deutschen Wähler der Sozialdemokratie erneut eine große Chance. Nun zeigt, was Ihr könnt!

 

 Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi

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