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Louis Tuchscherer

 

Louis Tuchscherer

Von Schönheide aus brach Louis Tuchscherer auf, bei Schönherr in Chemnitz Arbeit zu finden. Dass er einst mit einer selbstgebauten, ja aus eigener Motorkraft fahrenden Draisine zur Jungfernfahrt aufbrechen wollte, hatte er sich längst in den Kopf gesetzt. Gern glauben wir seiner Biographin, dass er lieber weniger zu Biere ging als zu basteln, zu probieren und jeden Pfennig für eine kleine Werkstatt zusammenzuhalten. Die gab es dann tatsächlich bald an der Hauboldstraße 29, der Betrieb kam in Gang, und bald stellte der Meister Gesellen und Lehrlinge ein. Die nächsten Szenen spielen dann schon rasch gegenüber, denn der Jungverheiratete kaufte das Haus 21 mit dem großen Hinterhaus für seine Werkstatt, wo durch vier Fenster Tageslicht hereinfiel.
"Er hatte Erfindungen gemacht, die man gern gelten ließ", ist uns überliefert, "aber das waren alles Nebensachen gegenüber der großen Erfindung, die er vorhatte, den selbstlaufenden Wagen!" Die Tüftelei des Meisters konnte ringsum nicht verborgen bleiben, so dass zwei Stadträte just auch einen interessierten Durchreisenden auf Tuchscherer aufmerksam machten. Unser Chemnitzer war viel zu redlich, in Karl Benz einen Mann zu erkennen, der mit allerhand Sachverständnis Tuchscherers Vertrauen erwarb, ohne seine Finessen, die Früchte seiner Lebensleistung, zu schützen. 1880 war dann der 33jährige mit allen Arbeiten so weit, zur allerersten Chemnitzer Autofahrt aufzubrechen, eine Strecke hinein ins Chemnitztal, für die man zu Fuß drei Stunden Laufzeit zu rechnen hatte. Seine Erfindung zum Patent anzumelden, verschob er leider aus mancherlei Gründen. Als aber 1886 in den Zeitungen stand, ein Karl Benz habe "einen dreirädrigen, selbstfahrenden Wagen zum Patent angemeldet", musste er es wohl oder übel bei einem tiefen Seufzer bewenden lassen. Selbst als der Fachmann später Direktor eines größeren Sonneberger Werkes werden sollte, blieb Tuchscherer in der Stadt Hartmanns und Schönherrs, denen er als Technikpionier nachgeeifert hatte.

Als Louis Tuchscherer eines Tages sein Unikat, längst zur Sehenswürdigkeit geworden, dem Museum für Stadtgeschichte zum Kauf anbot und die Amtspersonen keine "Ankaufsmittel" auftreiben konnten, ging die Kostbarkeit kurzerhand nach Hilbersdorf zum Verschrotten. Wer weiß, was aus Tuchscherer geworden wäre mit einem Auto-Patent? Und ob dann auch Benzin Benzin hieße? Beim Durchfahren der frischgetauften Tuchscherer-Straße im Chemnitzer Westen kann man ja mal kurz darüber nachdenklich lächeln. Ein Foto des Chemnitzer Automobil-Erfinders, der sich keine Zeit fürs Patentamt nehmen wollte, können wir heute unserer Rubrik nicht hinzufügen. Stattdessen bringen wir die Zeichnung, mit der Heinz Voelkel 1955 Hanna Klose-Gregers Buch "Die Kutsche ohne Pferde" illustrierte. Ihrem Band abenteuerlicher Erfinderschicksale entnahmen wir manches Detail der heutigen Folge unserer Rubrik. Nicht zuletzt, um heutige Verleger zu einer Neuauflage anzuregen.


 

 Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi

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