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Werner Ballarin

 

Werner Ballarin

Was heute gern als Euphorie der Wendezeit, als D-Mark-Woge oder Feuerwerk der Wiedervereinigung leicht oberflächlich abgetan wird, war für eine ganze Phalanx intelligenter Zeitgenossen wie eine längst verloren geglaubte Erlösung von den Fesseln der Diktatur. So erklärt sich auch die Energie, mit der ein Mann wie Werner Ballarin die Chancen der Zeit in seinem Revier verstand, in Bahnen brachte und erweiterte. Er setzte sich an Tische, an denen entschieden wurde, ob die große Kaßberg-Zentrale des DDR-Geheimdienstes zu einem Kulturkarree werden könne und sollte - denn die Räume waren verlassen. Noch im Mief der Aktenstapel und Abhörzentralen wollten Ballarin und seinesgleichen ein Kunstareal etablieren, um bis dato beargwöhnter Kunst zum verdienten Ansehen zu verhelfen. Wenn heute solch Werke in Berliner Parlamentsgebäuden die Hallen zieren - wie im Falle Carlfriedrich Clauß - sei daran erinnert, dass dieser Rang in jenen Wendewochen erzwungen wurde, abgetrotzt, frei geräumt mit der Kenntnis des direkt beteiligten Kunsthistorikers. So entstand die Kunsthütte, die Neue Sächsische Galerie. In solchem Falle war Werner Ballarin der Motor, der Energiespender, der Energiemultiplikator.
"Als hätte einer das Tor aufgestoßen", beschrieb der Chemnitzer Stefan Heym 1989 auf dem Berliner Alexanderplatz die Situation, während die Schauspielerin Steffie Spira den SED-Greisen in Wandlitz allenfalls einen Altersheimplatz zubilligte. Diese Erlösung ging einher mit der Medien-Explosion: Freiheit des Wortes, Freiheit des Bildes, der Künste. Mit Freunden wie Mathias Wild und Christoph Magirius nutzte Ballarin die Startrampen für ein großzügiges Kulturkarree anstelle der kleinkarierten Formate der ungeliebten Generalität. "Rastlos woll'n wir uns mühen" - das aufs Neue brauchbare Dichterwort war für Werner Ballarin und seinesgleichen Auftrag zur Schonungslosigkeit mit eigenen Kräften, wenn es um die publizistische und kulturpolitische Würdigung redlicher Lebensleistungen ringsum als Autor, als Ausstellungsmacher und Inspirator ging. Das Projekt wurde bald Keimzelle für all die Formate wie Volksbühne, Mozart und Soziokultur, Theaterrang und moderne Philharmoniewerte. Allein aus dem Kontakt zu Ruth Leibnitz entstanden die Ausstellungen, der Ruth-Leibnitz-Preis. Susanna Anna von den Städtischen Kunstsammlungen hatte sie auf ihn aufmerksam gemacht.
Ballarin kam nicht aus dem Bezirk Karl-Stadt-Stadt, als er ebenda unentbehrlich werden sollte: Als angesichts massiver Defizite in den damals Städtischen Kunstsammlungen eine sachkundige Persönlichkeit mit Format und Fingerspitzengefühl herbeigesehnt wurde, kam ein namhafter Dresdner Kunstverleger mit einem Tipp zu Hilfe, brachte so Werner Ballarin ins Spiel und regte die Bekanntschaft an. So kam er ohne "Kaderentwicklungsplan" hierher, wurde Sammlungsleiter am Theaterplatz - und brauchte bald schon wieder, in Ungnade gefallen, einen neuen Arbeitsplatz, auf dem der Unbequeme kaltgestellt werden sollte. "Bezirkskunstzentrum" hieß das periphere Abstellgleis, bis das Jahr 1989 per Glasnost-Impuls neue Bewegungsfreiheit verhieß. Das war auch Werner Ballarins Stunde. 1996 übernahm der Verein die Trägerschaft der städtischen Sammlung "Neue Sächsische Galerie" und koordiniert seither treuhänderisch alle Belange dieser im Freistaat einzigartigen Einrichtung von sächsischer Manier und ohne Provinzialität. Das war Werner Ballarins Credo. "Faszination Kaßberg" sollte sein vorerst letztes Buch in der stattlichen Reihe Ballarinschen Schrifttums bleiben, zum eigenen Bedauern unvollständig. Doch sein letztes Wort ist noch in weiter Ferne. Neues entsteht. Das walte Gott.


Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi

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