• St. Pauli Kirche
  • Johannisplatz
  • Gast. Sechsruthen in Glösa
  • Markthalle
  • Bismarkschlösschen
  • Burg Rabenstein
  • Nicolaibrücke
  • Wanderer
  • Tietz
  • Johanniskirche
  • Becker & Schraps

Bewertung: 5 / 5

Stern aktivStern aktivStern aktivStern aktivStern aktiv
 

Moritz Beutler

 

Justizrat Moritz Beutler

Stadtverordneten-Vorsteher bis zur Stunde der Revolution

Die Szene ist amtlich protokolliert: Am 21. 11. 1918 betritt Bürgermeister Arlart den Stadtverordnetensaal, um dem Herrn Vorsteher die sofortige Auflösung des Parlaments mitzuteilen, die der Arbeiter- und Soldatenrat beschlossen und verkündet hat. Justizrat Moritz Beutler entgegnet: "Ja, die Gewalt muss deutlich zum Ausdruck kommen. Also herein mit den Soldaten!" Bald darauf und angesichts der Androhung von Waffengewalt verkündet der Jurist kühl und gefasst das Ende der Sitzung, die Ratsherren freilich sorgsam die Wendeltreppe hinunter zur Ratstrinkstube geleitend.
Der Fortgang der Ereignisse sah bekanntlich alsbald auch Justizrat Beutler wieder als gewählten Stadtverordneten im Amt, fortan zwar unter seinem Nachfolger auf dem Vorsteherstuhl ganz oben. Mit Moritz Adolf Beutler war nach Enzmann und Eulitz ein Mann Vorsteher, der sich damals kundig um die Wirtschaftskraft der Stadt verdient gemacht hatte. Beutler nahm Einfluss auf die Bildung von gut hundert Aktiengesellschaften, wobei er selbst wohl 20 Aufsichtsräten vorsaß, ein Sachverhalt, den der bisherige Siemens-Chemnitz-Direktor Dr. Jochen Haeusler zur Charakterisierung der Chemnitzer Industrietradition rechtens gern bevorzugt.
Der Stimmklang Beutlers ist uns nicht überliefert, doch lassen sich Satzmelodie und Charakter seiner Diktion etwa an der präzise protokollierten Antrittsrede erkennen. Die Summe stadtoptimistischer Entscheidungen, die er, seit 1902 Stadtverordneter, in Nähe auch zu den Oberbürgermeistern mehr als ein Jahrzehnt lang oft selbst in die Wege leitete, fass-te er im Oktober 1914 in seinem Aufsatz "Chemnitzer Bodenpolitik in den letzten 25 Jahren" zusammen, eine Arbeit, die zu einem fundamentalen Resümee der Vorkriegsära werden sollte.
Seine Kanzlei hatte der Rechtsanwalt und Notar an der Poststraße 34, man wohnte in der Villa Katharinenstraße 3a, direkt am Goetheplatz. Als 27jähriger hatte sich der Absolvent zunächst Turnstraße niedergelassen, seit der Ehe mit Fräulein Eva Lorenz (aus der Familie Kommerzienrat Vogel) wohnte er Parkstraße. Die Villa an der Stollberger Straße wurde 1899 erworben, "Kauf dank Erbschaft". Beutler war Mitglied des Konservativen Vereins, kandidierte 1907 für den Sächsischen Landtag. Vom Fehlschlag nicht entmutigt, konzentrierte er seine örtliche Abgeordneten-Aktivität oder - wie sein Sohn Generalmajor Otto Beutler urteilt - "entfaltete da eine rührige Tätigkeit". In dessen Erinnerungen heißt es: "Vater war sparsam. So wurde er ein wohlhabender Mann." Die Familie habe sich bemüht, "in ihrem Aufwand einen deutlichen Abstand von dem Kreise zu halten, den die sogenannten ,ersten Chemnitzer Familien‘ bildeten, obgleich zu ihnen ja unsere gesamte Verwandtschaft in Chemnitz gehörte."
Erster Vorsteher der Stadtverordneten wurde Beutler, von Vogel intensiv bestärkt, 1916, wobei er seinen Amtsantritt davon abhängig gemacht hatte, einstimmig gewählt worden zu sein. Bonmot: Die Chemnitzer Sozialdemokraten spielten kulant mit und verließen während der Abstimmung den Saal...
Beutler saß mehrfach Porträtisten Modell, dem Dresdner Robert Sterl zuerst und 1926 dem Chemnitzer Rudolf Pleißner. Allezeit haben die Städtischen Kunstsammlungen das Beutler-Bildnis Pleißners bestens bewahrt. So lag für uns die Hoffnung nahe, möglichst viele seiner Nachfahren vor diesem Bildnis zu versammeln. Somit öffnet sich nun am 12. September ab 11 Uhr der schönste Raum des alten König-Albert-Museums für eine besondere Sonntagsmatinee der Reihe "Chemnitzer Köpfe". Kurzen Informationen zur stadt- und wirtschaftspolitischen Rolle des Juristen werden sich Äußerungen seiner Enkel anschließen, wobei sich Sibylle Grupe auch ihrem Vater Otto Beutler zuwenden wird, der als Offizier der Deutschen Wehrmacht zur Zeit des 20. Juli 1944 im damaligen Widerstand eine bisher sicher zu zurückhaltend beschriebene Rolle spielte. Auch er gebürtig in Chemnitz.

 

 Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi

Joomla 3.0 Templates - by Joomlage.com